Vortrag am 13. November 2013 Universität Salzburg, Theologie Interkulturell HS 101 |
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Sehr geehrte Festgäste,
Aus Anlass des 30-Jahr Jubiläums der staatlichen Anerkennung des Buddhismus in Österreich, steht dieses Jahr der "Buddhismus" im Mittelpunkt dieses Empfangs.
Als überzeugter Anhänger des Interreligiösen Dialogs, und weil wir hier zu Gast sind auf katholischem akademischen Boden möchte ich ein Zitat des großen katholischen Theologen und Religionsphilosophen Romano Guardini voranstellen, das dieser in der Mitte seines Lebens, in den 1930er Jahren in seinem Werk „Der Herr“ aufleuchten ließ:
Buddha „bildet ein großes Geheimnis. Er steht in einer erschreckenden, fast übermenschlichen Freiheit; zugleich hat er dabei eine Güte, mächtig wie eine Weltkraft.“
Diesem 'mysterium fascinans' und diesem 'mysterium tremendum' unterliegen seit Jahrzehnten auch in Salzburg einige Suchende, die ihre Wurzeln im Nährboden anderer spiritueller Traditionen verloren haben, oder dort niemals verwurzelt waren.
Wenn wir Einführungsvorträge über die Lehre des Buddha machen, oder Schulklassen ins Buddhistische Zentrum kommen, um authentische Informationen über das unbekannte Wesen „Buddhismus“ abzufragen, geht es zunächst oft um Zahlen, Daten, Fakten.
So will auch ich hier mit einigen statistischen Daten zum Buddhismus in Salzburg aufwarten:
Derzeit gibt es ca. 1500 Menschen in Stadt und Land Salzburg, die in der einen oder anderen Lehrtradition den Mittleren Weg des Buddha als Leitfaden für ihren Lebensweg gewählt haben. Menschen jeglichen Alters, unterschiedlicher Herkunft, eingebunden in ihre jeweiligen Lebens- und Alltagsgegebenheiten.
Aktuell besuchen 75 Kinder mit buddhistischem Bekenntnis die Pflichtschulen des Landes, 50 Jugendliche gehen in Höhere Schulen.
In Stadt und Land Salzburg gibt es derzeit 3 buddhistische Zentren, eines im Pinzgau, das Haus der Stille, sowie je eines in Lehen und in der rechten Altstadt, wo regelmäßig, mehrmals die Woche Zusammenkünfte, Meditationen und Vorträge stattfinden.
Neben hunderten Buddhistinnen und Buddhisten, deren spirituellen Kontakte sich auf den Kreis der Familie und Freunde beschränkt, haben sich insbesondere in der Stadt Salzburg und dem Umland dutzende Gruppierungen formiert. Häufig durch buddhistische Lehrerinnen und Lehrer ins Leben gerufen, bewegen sich diese Zusammenschlüsse von Gleichgesinnten entlang bestimmter Traditionslinien, manche sind auch organisiert als Vereine oder Orden.
Viele haben ihre Wurzeln in den buddhistischen Traditionen asiatischer Länder von Japan bis Sri Lanka von der Mongolei bis Indonesien.
Die nächste auftauchende Frage richtet sich oft nach der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Buddhismus in Salzburg.
Ich will nun einen kleinen historischen Überblick geben, der sich über die letzten 50 Jahre erstreckt. Ein historischer Rückblick, der wie in einer Nussschale die Menschheitsgeschichte widerspiegeln möchte.
Alles beginnt in grauer Vorzeit:
Die Urgeschichte des Buddhismus in Salzburg liegt quasi in den 60er Jahren des 20. Jh. Einige Menschen, die der Lehre des Buddha beim Jagen und Sammeln von Reisen und Büchern begegnet sind, beginnen sich damit auseinanderzusetzen, werden von Werkzeugbenützern zu Werkzeugmachern. Wir nennen es das „Zeitalter des beginnenden Dhammastudiums“.
Typisch für die Antike andererseits ist die Errichtung von Stadtstaaten. In Salzburg kommt es 1977 zur Gründung eines ersten buddhistischen Vereins. Der heute 81 jährige Friedrich Fenzl gründet die „Buddhistische Gemeinschaft Salzburg“ mit einer handvoll von Freunden. Es sollte in Österreich die erste Gründung dieser Art außerhalb Wiens sein. Dieses „Zeitalter der Sanghabildung“ wird durch die Einladung von Vortragenden aus München, Wien und anderen weiter entwickelten Zentren fortgesetzt und schließlich 1990 durch die Gründung einer Gruppe des Diamantweg-Buddhismus vervollständigt.
Im Mittelalter öffnen sich die Stadttore, Handels- und Kommunikationswege werden errichtet. Motiviert durch einen Besuch des Dalai Lama in Salzburg 1992 schreitet die Vernetzung innerhalb und außerhalb Österreichs voran. 1993 sind die Salzburger Buddhisten Gastgeber für den Jahreskongress der Europäischen Buddhistischen Union. Manche Salzburger Buddhisten lernen einander erst anlässlich der Vorträge kennen, die anschließend an den Jahreskongress im Haus der Natur stattfinden.
Das Mittelalter erkennt auch den Wert der Bildung und so beginnt in diesem Schuljahr 1993/94 der Buddhistische Religionsunterricht an Salzburger Schulen.
Mit dieser Öffnung hin zur Mitte der Gesellschaft beginnt auch die Teilnahme der Buddhisten am Interreligiösen Dialog.
Die Neuzeit bringt an der Schwelle zum neuen Jahrtausend die Entdeckung einer neuen Welt. 1998 wird mit der Eröffnung des Buddhistischen Zentrums in Lehen durch vietnamesische Mönche und Nonnen Salzburgs erster Tempelraum geschaffen. Mit einer tiefen Verbeugung beginnt die Begegnung mit Buddha, beginnt eine Vertiefung durch regelmäßige, meditative Praxis. Zu den ursprünglich zwei Traditionsgruppen gesellen sich nach und nach auch Praxisgruppen weiterer Lehrtraditionen unter diesem ökumenischen Dach. 2002 wird das Diamantwegs-Zentrum in der Linzergasse eröffnet und von einem Lama eingeweiht.
Die Neueste Zeit ist in ihrer Vielfalt und Verbuntung schwer zu charakterisieren. Herausragend im wahrsten Sinn des Wortes ist 2011. In diesem Jahr wird der Stupa auf dem Mönchsberg eingeweiht, als für jedermann sichtbarer Hinweis, dass der leidvolle Daseinskreislauf von Geburt und Tod, Armut und Mammon überwunden und Befreiung durch Erwachen ins Auge gefasst werden kann, zum Wohl aller Wesen und als Aufruf zu einem friedvollen Miteinander.
Gleichzeitig entwickelt sich die Übung der Vertiefung, der Begegnung mit dem Numinosen in der formalen Praxis der Meditation, aber auch die Ausübung von Achtsamkeit, Mitgefühl und Weisheit im Alltag stetig, sowohl in die Breite als auch Tiefe.
Das zunehmende Ankommen in einem tiefen Vertrauen, die Annäherung an Formen der Verehrung und des Rituals ermöglichen auch zaghafte Schritte in Richtung eines Dialogs der buddhistischen Traditionen miteinander und eine Annäherung von konvertierten und ethnischen Buddhistinnen.
2012 beflügelt uns ein weiterer Besuch des Dalai Lama in Salzburg und die gelungene Festveranstaltung „35 Jahre Buddhismus in Salzburg“ gilt uns als Auftrag und Motivation im Sinne von Prajaparamita, der höchsten Weisheit, sodass wir immer wieder über das bisher Erreichte hinauszugehen trachten
2013 wird in Salzburg, wie überall in Österreich, dankbar und freudig als Jubiläumsjahr der Anerkennung gefeiert. Die Salzburger Festspiele lassen dazu eine „Ouverture Spirituelle“ erklingen.
Der abschließenden Teil möchte einerseits eine Zusammenfassung geben und sich der spirituellen Entwicklungsgeschichte derer zuwenden, die den Pfad des Buddha als ihren Weg angenommen haben. Diesem Teil möchte ich ein weiteres Zitat voranstellen:
Der evangelische Theologe und Religionswissenschaftler Rudolf Otto schreibt schon 1931 in seinem Aufsatz „Sensus Numinis - Das Gefühl des Überweltlichen“ über die buddhistische Meditation:
Sie ist ihrem Wesen nach „aus dem tiefsten Ernst des Irrationalen des Numinosen selber geboren. Zugleich ist dieses bei ihm so sehr ins Extrem gesteigert, daß wir, die wir von den rationalen Seiten der Religion überwiegend bestimmt sind, zunächst gar nicht imstande sind, zu bemerken, daß hier überhaupt Religion, und zwar ganz ungemein starke und tiefe Religion vorliegt.“ S 242
Doch zurück zu Salzburg wo vor 30 Jahren die gesellschaftliche Anerkennung des Buddhismus als Religion enthusiastisch begrüßt wurde, zunächst von einigen Wenigen.
Damit beginnt der spannende Weg auf den Stufen des Pfades, der vermag den Menschen achtfach zu veredeln, durch tiefe Einsicht und gute Absicht, durch ein verantwortliches Leben in Gedanken, Worten und Taten und durch unermüdliches Bestreben und achtsame Bewusstheit, die in vertiefter Sammlung und Weisheit gipfeln.
Neben dem zunehmend spürbaren Ankommen im Außen, in der Gesellschaft, in der Welt kommt es zu einem deutlich spürbaren Ankommen im Innen, einem Innewerden des Selbst und seines unerschöpflichen Potentials. In einem Gatha, einem Sinnspruch in 4 Zeilen wird es kurz so formuliert:
Alles Unheilsame meiden,
Heilsames einüben und ausüben,
Den Geist klären und das eigene Herz läutern
Das ist die Lehre aller Buddhas.
Ovada-Patimokkha-Gatha
Für die Suchenden der ersten Phase, der Phase der Faszination, steht zunächst der rationale Zugang zur Lehre des Buddha im Vordergrund, das Gewinnen von Erkenntnis durch Einsicht, die Vertiefung des Wissens um die Lehrinhalte, das zur Ruhekommen des Geistes.
In der zweiten Phase öffnet sich der Blick für das unverzichtbare Aufgehobensein in Gemeinschaft, das förderliche Leben im Kreis edler Freunde.
In der dritten Phase wird das nun gewonnene Strahlen von Liebe und Mitgefühl auf stets weitere Kreise von Mitmenschen und Mitwesen ausgedehnt.
In der vierten Phase wird das Herz, das Liebe und Mitgefühl ausstrahlt seiner selbst gewahr und erwacht zu seiner unbegrenzten Qualität.
In der fünften Phase reimt sich alles bisher Erfahrene zu einem harmonischen Lied der Vertiefung und im Schweigen erfolgt die Begegnung mit dem Unaussprechlichen, dem nicht Darstellbaren, dem nicht Vorstellbaren, der wahren Einheit in Stille.
Was bleibt ist „Donnerndes Schweigen“.
13. November 2013 beim "Empfang der Religionen(c) Kurt Krammer 2013
NOV. 13, 2013/2557